Dienstag, 2. Juni 2015

Führ-Parcours Teil 4 - Körpersprache und Freiheit

Hier folgt der nächste Teil mit weiteren Anregungen für Abwechslung und Bewegung auf dem Reitplatz.

Ich beschreibe Dir ein paar Übungen und Abläufe. Jedoch liegt mein Augenmerk auf Kommunikationsmöglichkeiten, die dein Pferd zu Bewegung anregen, ohne aktiv formend einzuwirken. Die Balance zwischen Formen (Stellung und Biegung, Untertreten etc.) und freier ungezwungener Bewegung hilft das Ziel der Selbsthaltung zu erreichen, in dem das Pferd den Rücken aufwölbt und dabei seine Hinterhand aktiv behält und unter den Schwerpunkt tritt.


Voraussetzung oder sage ich mal, stete Wiederholung und Einbauen von Übungen, die die Kommunikation verfeinern, helfen diese Übungen umzusetzen.

So sind Übungen des 
- Stillstehens (das Pferd lernt abwarten und sich entspannen),
- auf Berührung oder das Zeigen mit der Gerte hin das Gewicht zu verlagern oder zu weichen,
und auf Deine Körperhaltung zu reagieren (wie bspw. beim Anhalten mit dem Becken zu kippen oder beim Losgehen Brust/Oberkörper zu öffnen und nach vorn zu streben).

Je mehr Du Dir Deiner Körperhaltung und Sprache bewusst bist, umso mehr kannst Du sie gezielt einsetzen.



1. Übergänge und Paraden

Du kannst diese Übungen bspw. als Abwechslung zwischen den Übungen von Führen in Stellung und Longieren nutzen.


An der langen Seite der Reitbahn trabst Du neben Deinem Pferd an und beobachtest dabei, ob es Dir zuhört, neben Dir bleibt oder überholt. Ziel ist ein gemeinsames Tempo.
Das Antraben soll auf Deine Bewegung (auch mit Kombination eines Wortes) erfolgen.
Wenn Dein Pferd mehr rennt als trabt, halte immer wieder schnell an oder pariere in den Schritt. So erhöhst Du die Aufmerksamkeit und verbesserst die Balance, weil das Pferd so Stück für Stück mehr Last aufnimmt. Hierbei stoppst Du, wie es Dein Pferd lernen soll: mit der Hinterhand untertreten und das Becken kippen, nicht auf die Vorhand fallen und schieben, der Rücken soll sich wölben. Als Mensch können wir das umsetzen, indem wir selbst unser Becken wie beim Reiten kippen, also die Bauchmuskeln anspannen und einen gezielten letzten Schritt setzen und dann weiter gehen oder stehen bleiben. Probiere Dich aus, worauf Dein Pferd reagiert. Es hilft hier ein Wort einzuführen, dass die Aufmerksamkeit holt, wie "UND ... Schritt".
Wenn die Hilfen zum Antraben und Durchparieren sitzen, kannst Du das in Freiarbeit machen und auch auf einem großen Zirkel üben. Hierbei kannst Du Handwechsel einbauen. Sie zeigen sehr schön (gerade in Freiarbeit) wo die Problempunkte des Pferdes in Bezug auf Balance, Schiefe und Lastigkeit liegen.
Einen Handwechsel führst Du ein, indem Du mit einem Schritt etwas mehr auf Position Kopfhöhe gehst, Dich dann drehst (dabei drehen sich die Fußspitzen in Richtung Linie des Pferdes und stoppen es so) und rückwärts (einladend) von ihm weggehst. Das sollte vorher am Seil klappen, hierbei hilft das Seil Dir auch zu folgen. Führe beim Wechsel das Pferd sanft mit der Gerte in Richtung Schulter dazu die neue Biegungsrichtung einzunehmen und drehst Dich auch in die neue Bewegungsrichtung mit. Hier kann auch ein auf das Pferd zu gehen mit Gerte in Richtung Schulter/Gurtlage das Pferd ein wenig im Schenkelweichen oder Schultervor nach außen bewegen.


2.  Schaukel

Hierbei nutzt Du ebenfalls die lange Seite.
Aus dem Halten gehst Du rückwärts (eine kleine Reaktion Deines Pferdes mit Gewichtsverlagerung ist schon ausreichend, wenn Ihr noch nicht flüssig rückwärtsgehen könnt) - Loben nicht vergessen! - und schreitest dann energischer los. Hierbei muss das Pferd nämlich aktiv sein, seine Hinterbeine zum Tragen benutzen, ausschließlich schieben geht hier nicht, da die Tendenz aus dem Rückwärts dabei hilft. 
Auf die Feinheiten und Unterschiede im Rückwärts (wie korrekt es ist und wo Fehler liegen) gehe ich hier nicht ein.

Beobachte Dein Pferd, wenn Du kannst. Wie richtet es sich rückwärts? Wie ist der Antritt und wie schreitet es? Verspannt es? Wirkt es motiviert?
Konzentriere Dich auf die Schritte, denn Du kannst sie synchron beeinflussen (mit Augenmerk auf z.B. Ruhe bei hektischen Pferden, Energie bei schwerfälligen Pferden, Takt bei eiligen Pferden). 
Auch wenn das nicht heißt, dass ihr immer im Gleichschritt sein sollt, dabei würdet Ihr euch aus dem eigenen Rhythmus und der Balance bringen.
Der nächste Schritt ist das Antraben aus dem Rückwärts. Es verbessert die Schubkraft, das aktive Antreten und Aufwärtstreten. Hierbei kann es eine Rolle spielen, ob Du nach vorn geneigt bist (sozusagen Deinem Schwerpunkt hinterherrennst) oder auch vorwärts-aufwärts "trabst". Probiere, trau Dich und beobachte die Reaktion Deines Pferdes. Diese körpersprachliche Kommunikation kann verfeinert werden, bis dahin, dass Du nur noch die Körperspannung und Tendenz in deiner Bewegung nutzt, um sie beim Pferd zu verbessern oder anzuregen. Auch verbessert diese Übung die Reaktion auf treibende Hilfen. Weil Du Dich und nicht nur die Peitsche oder Gerte einsetzt. Dein Pferd nimmt schon die Veränderung von Muskelspannung, Atmung, Loslassen und aktivere Schritte wahr. Wenn Du Dich bewusst bewegst, bereicherst Du Euer Spiel.

Hierbei kannst Du auch gern Tempowechsel einbauen, so forderst Du das Pferd auf Dir noch mehr zuzuhören und Last aufzunehmen. Achte dabei darauf, dass Dein Pferd nicht nur langsamer wird.


Eine Hilfe für diese Übungen ist die Bande. Du hast eine äußere Begrenzung. Anhalten und Rückwärts können einfacher klappen, weil das Pferd nicht ausweichen kann. Überträgst Du die Übung auf einen großen Zirkel siehst Du, wie weit ihr mit Balance und Geraderichten seid.


3. Hindernis

Nun kannst Du Dir eine Trabstange oder Cavaletti an einer Stelle in den Weg legen. Sie regen Dein Pferd an, sich zu strecken, sich aktiv zu bewegen, aufzupassen und lösen. 
Auch ein gezieltes Einsetzen von mehreren Stangen auf der Geraden oder dem Kreisbogen fördert Aufmerksamkeit, Koordination und verbessert die Bewegung.
Wenn Dein Pferd dauernd anstößt oder den Rücken wegdrückt, sind sie keine Hilfe. Dann ist die Voraussetzung nicht gegeben, dass die Hinterhand vorwärts-aufwärts tritt, sondern schiebt und der Rücken festhält. Ziel ist, dass der Bauch und der Rücken aufwärts schwingen. Die Hinterhand und das Becken sollen durch ihre Wirkung das Pferd erhabener machen, tragen, vorwärts-aufwärts bewegen, damit das Gewicht nicht allein in die Vorhand rennt. Hier ein Bild zur Verdeutlichung.
runde Oberlinie, entspannter Unterhals, aktive Hinterhand

in den Boden rennen, Unterhals, weggedrückter Rücken, hohe Kruppe und schwache Hinterhand




Ich hoffe ich konnte Dir ein paar Anregungen geben. Und hoffe Ihr habt Freude am Miteinander, dem Ausprobieren und dem gemeinsamen Spiel.



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ergänzend zu diesem Artikel:

Führ- / Schritt-Parcours Teil 1
Führ- / Schritt-Parcours Teil 2
Führ-Parcours Teil 3 - Bewegungsmöglichkeiten im Gelände

von Fü(h)rPfer:
Freies Folgen an der Hand

Freiarbeit reflektieren auf eine lustige Art - von Pfridolin:
Ich hab da mal ne Frage
 

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